Guard regulation (Wachvorschrift) from Wulkow
Title
Guard regulation (Wachvorschrift) from Wulkow
Subject
This document was found in a file of Franz Stuschka in the former BDC records of the Bundesarchiv Berlin, R 9361-II/1001143.
Creator
Bundesarchiv
Date
1944-11-14
Relation
EHRI collection description: Germany, Bundesarchiv, Sammlung Berlin Document Center (BDC): Personenbezogene Unterlagen der NSDAP / Parteikorrespondenz
Language
German
Text
Baustelle Wulkow
W., den 14.11.1944
Richtlinien für die Erstellung einer Wachvorschrift
Bei den hier beschäftigten Arbeitskräften handelt es sich um ghettoisierte Juden, die zum Teil aus dem Reichsgebiet, teilweise aus dem Protektorat Böhmen und Mähren stammen. Sie sprechen fast ausnahmslos gut Deutsch. Bei den meisten handelt es sich um Geltungsjuden, die eine größere, nichtjüdische Verwandtschaft aufweisen. Dadurch besteht eine verhältnismäßig große Gefahr der Fluchtbeihilfe von Außen. Der überwiegende Teil der Juden stammt aus Intelligenzkreisen.
Sie versuchen häufig, mit neu eingetroffenen Wachposten, Handwerkern usw. ins Gespräch zu kommen und Mitleid zu erwecken. Sie behaupten beispielsweise:
Deutschblütige nahe Verwandte wären Frontsoldaten bzw. gefallen oder bombengeschädigt. — Sie hätten keine Möglichkeit, ihre schwer geprüften Eltern von ihrem Wohlergehen zu unterrichten, obwohl sie die letzten Söhne seien. Sie bitten dann um Beförderung einer harmlosen Postkarte. Häufig versuchen die Juden auch zu behaupten, dass sie hungern müssten, sind aber andererseits gleich wieder bereit, für irgend einen erwiesenen Dienst größere Mengen Lebensmittel abzugeben. Tatsache ist, dass die Juden sehr gut verpflegt sind, was ihnen auch ohne weiteres anzusehen ist. Sie haben auch laufend die Möglichkeit, über die Zensur mit ihren Angehörigen zu korrespondieren und Pakete zu empfangen, soweit ihnen diese Möglichkeit nicht zeitweise wegen Widersetzlichkeit oder Faulheit entzogen wird.
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen ist folgendes besonders zu beachten:
Mit den Juden dürfen keinerlei Privatgespräche geführt werden, auch nicht über nebensächliche oder scheinbar belanglose Dinge. Es dürfen z. B. nicht Vorgänge, die das Lagerleben der Juden, wie Verpflegung, Bekleidung usw. betreffen, erörtert werden. In ihrer Gegenwart dürfen keine Gespräche geführt werden, die nicht ausschließlich die durch die Juden auszuführenden Arbeiten betreffen. Unter keinen Umständen darf den Juden Gelegenheit gegeben werden, sich über die politische oder militärische Lage, Bombenschäden, Meldungen des drahtlosen Dienstes und ähnliches zu informieren. Daher sind Zeitschriften und auch altes Zeitungspapier von ihnen fernzuhalten.
Auf das Wegwerfen von Postkarten und Briefen unterwegs, die dann von Personen aufgelesen und unter Umständen auch weiterbefördert werden, ist besonders zu achten.
Den Juden ist lediglich bekannt, dass sie für die SS bauen. Die tatsächlichen Namen der Bauherren, bzw. der Zweck der Bauvorhaben darf in ihrer Gegenwart nicht erwähnt werden (Vorsicht bei Ferngesprächen!). Lieferscheine mit Anschriften, sowie Briefumschläge dürfen ihnen nicht ausgehändigt werden.
Jüdische Arbeitskräfte dürfen in keinem Falle in Begleitung von Zivilisten zwecks Materialabholung oder zu Verladearbeiten ohne Bewachung das Judenlager oder das Baugelände verlassen. Ihre Beschäftigung während der Dunkelheit ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Bei etwaigen Ausnahmefällen muss für besonders strenge Bewachung gesorgt werden.
Das Betreten der Baustelle ist nur Angehörigen der Parteikanzlei gestattet, wenn sie sich als solche ausweisen können. Personen, die in Begleitung von Angehörigen der Parteikanzlei die Baustelle betreten, sind im Wachbuch zu vermerken.
Außerdem sind zum Betreten der Baustelle die Unterführer, sowie die Angehörigen der Bauwache des SS-Obersturmführer S t u s c h k a [Hervorhebung im Original] befugt.
Die fallweise beschäftigten Handwerker und Firmenangehörigen (es handelt sich dabei um 4 - 6 Personen) werden durch SS-O'Stuf. Stuschka oder Vertreter bekanntgegeben. Bei Eintreffen von Materialtransporten durch fremde Fahrzeuge, sind die Verladearbeiter, bzw. das Fahrpersonal zu überwachen. In Zweifelsfällen fernmündliche Rückfrage - Apparat 132 (Büro Stuschka).
Etwaige Besucher haben sich, auch wenn es sich um Behördenangehörige handelt, bei SS-O'Stuf. Stuschka anzumelden und dürfen nur in seiner Begleitung oder in Begleitung seines Vertreters die Baustelle betreten.
Die Tore in der Umzäunung sind ständig verschlossen zu halten und nur beim Passieren von Personen oder Fahrzeugen vorübergehend zu öffnen. Nach Arbeitsschluss sind entsprechende Vorkehrungen zur Verhinderung von Materialdiebstahl zu treffen. Ebenso muss auf eventuelle Sabotageakte durch Fremde geachtet werden. Für luftschutzmäßige Sicherung der Baustelle außerhalb der Arbeitszeit ist zu sorgen.
W., den 14.11.1944
Richtlinien für die Erstellung einer Wachvorschrift
Bei den hier beschäftigten Arbeitskräften handelt es sich um ghettoisierte Juden, die zum Teil aus dem Reichsgebiet, teilweise aus dem Protektorat Böhmen und Mähren stammen. Sie sprechen fast ausnahmslos gut Deutsch. Bei den meisten handelt es sich um Geltungsjuden, die eine größere, nichtjüdische Verwandtschaft aufweisen. Dadurch besteht eine verhältnismäßig große Gefahr der Fluchtbeihilfe von Außen. Der überwiegende Teil der Juden stammt aus Intelligenzkreisen.
Sie versuchen häufig, mit neu eingetroffenen Wachposten, Handwerkern usw. ins Gespräch zu kommen und Mitleid zu erwecken. Sie behaupten beispielsweise:
Deutschblütige nahe Verwandte wären Frontsoldaten bzw. gefallen oder bombengeschädigt. — Sie hätten keine Möglichkeit, ihre schwer geprüften Eltern von ihrem Wohlergehen zu unterrichten, obwohl sie die letzten Söhne seien. Sie bitten dann um Beförderung einer harmlosen Postkarte. Häufig versuchen die Juden auch zu behaupten, dass sie hungern müssten, sind aber andererseits gleich wieder bereit, für irgend einen erwiesenen Dienst größere Mengen Lebensmittel abzugeben. Tatsache ist, dass die Juden sehr gut verpflegt sind, was ihnen auch ohne weiteres anzusehen ist. Sie haben auch laufend die Möglichkeit, über die Zensur mit ihren Angehörigen zu korrespondieren und Pakete zu empfangen, soweit ihnen diese Möglichkeit nicht zeitweise wegen Widersetzlichkeit oder Faulheit entzogen wird.
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen ist folgendes besonders zu beachten:
Mit den Juden dürfen keinerlei Privatgespräche geführt werden, auch nicht über nebensächliche oder scheinbar belanglose Dinge. Es dürfen z. B. nicht Vorgänge, die das Lagerleben der Juden, wie Verpflegung, Bekleidung usw. betreffen, erörtert werden. In ihrer Gegenwart dürfen keine Gespräche geführt werden, die nicht ausschließlich die durch die Juden auszuführenden Arbeiten betreffen. Unter keinen Umständen darf den Juden Gelegenheit gegeben werden, sich über die politische oder militärische Lage, Bombenschäden, Meldungen des drahtlosen Dienstes und ähnliches zu informieren. Daher sind Zeitschriften und auch altes Zeitungspapier von ihnen fernzuhalten.
Auf das Wegwerfen von Postkarten und Briefen unterwegs, die dann von Personen aufgelesen und unter Umständen auch weiterbefördert werden, ist besonders zu achten.
Den Juden ist lediglich bekannt, dass sie für die SS bauen. Die tatsächlichen Namen der Bauherren, bzw. der Zweck der Bauvorhaben darf in ihrer Gegenwart nicht erwähnt werden (Vorsicht bei Ferngesprächen!). Lieferscheine mit Anschriften, sowie Briefumschläge dürfen ihnen nicht ausgehändigt werden.
Jüdische Arbeitskräfte dürfen in keinem Falle in Begleitung von Zivilisten zwecks Materialabholung oder zu Verladearbeiten ohne Bewachung das Judenlager oder das Baugelände verlassen. Ihre Beschäftigung während der Dunkelheit ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Bei etwaigen Ausnahmefällen muss für besonders strenge Bewachung gesorgt werden.
Das Betreten der Baustelle ist nur Angehörigen der Parteikanzlei gestattet, wenn sie sich als solche ausweisen können. Personen, die in Begleitung von Angehörigen der Parteikanzlei die Baustelle betreten, sind im Wachbuch zu vermerken.
Außerdem sind zum Betreten der Baustelle die Unterführer, sowie die Angehörigen der Bauwache des SS-Obersturmführer S t u s c h k a [Hervorhebung im Original] befugt.
Die fallweise beschäftigten Handwerker und Firmenangehörigen (es handelt sich dabei um 4 - 6 Personen) werden durch SS-O'Stuf. Stuschka oder Vertreter bekanntgegeben. Bei Eintreffen von Materialtransporten durch fremde Fahrzeuge, sind die Verladearbeiter, bzw. das Fahrpersonal zu überwachen. In Zweifelsfällen fernmündliche Rückfrage - Apparat 132 (Büro Stuschka).
Etwaige Besucher haben sich, auch wenn es sich um Behördenangehörige handelt, bei SS-O'Stuf. Stuschka anzumelden und dürfen nur in seiner Begleitung oder in Begleitung seines Vertreters die Baustelle betreten.
Die Tore in der Umzäunung sind ständig verschlossen zu halten und nur beim Passieren von Personen oder Fahrzeugen vorübergehend zu öffnen. Nach Arbeitsschluss sind entsprechende Vorkehrungen zur Verhinderung von Materialdiebstahl zu treffen. Ebenso muss auf eventuelle Sabotageakte durch Fremde geachtet werden. Für luftschutzmäßige Sicherung der Baustelle außerhalb der Arbeitszeit ist zu sorgen.
Files
Collection
Citation
Bundesarchiv, “Guard regulation (Wachvorschrift) from Wulkow,” EHRI Documents, accessed April 7, 2025, https://visualisations.ehri-project.eu/items/show/203.
Item Relations
This item has no relations.